Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
der demographische Wandel ist neben der Digitalisierung und der Globalisierung einer der großen Trends unserer Zeit. Die Variablen der tiefgreifenden demographischen Veränderungen in unserer Gesellschaft – Geburtenrückgang, steigende Lebenserwartung sowie daraus resultierend die Verschiebung der Altersstruktur in der Bevölkerung – stellen unser Sozialsystem bereits heute vor enorme Herausforderungen. Die Auswirkungen dieses Prozesses werden sich, insbesondere mit dem einsetzenden Renteneintritt der sogenannten „Babyboomer-Generation“, in den nächsten Jahren verstärkt bemerkbar machen. Ebenso ist aufgrund der allgemeinen Alterung der Bevölkerung künftig von einer exponentiellen Zunahme altersbedingter Krankheitserscheinungen auszugehen. Hierzu zählen insbesondere die vielfältigen Formen von Demenz.
Die positive Korrelation zwischen zunehmendem Alter und steigendem Demenzrisiko wurde schon vor mehr als 20 Jahren wissenschaftlich nachgewiesen. Derzeit sind etwa 1,7 Millionen Menschen in Deutschland von Demenz betroffen.
Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft erklärt in ihrem Bericht (2018), dass „die Zahl der Demenzkranken kontinuierlich zu[nimmt]. Sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt, wird sich nach Vorausberechnungen der Bevölkerungsentwicklung die Krankenzahl bis zum Jahr 2050 auf rund 3 Millionen erhöhen.“
Ein bereits heute bestehendes Problem ist, dass die Pflegesituation und Versorgungslage von vielen Demenzkranken nicht auf deren spezielle Bedürfnisse zugeschnitten ist. Häufig haben Betroffene einen erhöhten Bewegungsdrang, eine veränderte Kommunikationsfähigkeit, spezielle Ernährungsgewohnheiten und/oder zeigen herausfordernde Verhaltensweisen. In „herkömmlichen“ Altenheimen kann auf diese besonderen Bedürfnisse häufig nicht in ausreichendem Maße eingegangen werden. Daher bedarf es verstärkt demenzspezifischer Pflege- und Betreuungskonzepte und milieutherapeutischer Maßnahmen – wie demenzgerechter Architektur, hermeneutischer Vorgehensweisen und validierender Kommunikation.
Das Konzept der Demenzdörfer ist in Deutschland bislang noch weitgehend unbekannt, wird im europäischen Ausland aber bereits mit Erfolg praktiziert. In Hameln wird seit 2014 das Demenzdorf „Tönebon am See“ betrieben, das medial einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte.
Es ist die Aufgabe von Politik und Verwaltung, sich differenziert mit dieser komplexen Thematik auseinanderzusetzen und vorausschauende Konzepte zur Abfederung der demographischen Entwicklungen sowie ihrer Begleiterscheinungen zu erarbeiten. Auf kommunaler Ebene braucht es innovative Lösungen, Visionen und Konzepte, um demenzkranken Menschen ein Höchstmaß an Lebensqualität und individueller Lebensführung zu ermöglichen.
Vor diesem Hintergrund bittet die CDU-Fraktion im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit die Verwaltung, das Konzept des Demenzdorfes in einer der nächsten Sitzungen dieses Ausschusses vorzustellen sowie eine Einschätzung zur generellen Umsetzbarkeit des Konzeptes in Dortmund abzugeben. Wenn möglich bitten wir um Einladung einer/s Beschäftigten aus o.g. Pflegeeinrichtung, welche/r dem Ausschuss einen persönlichen Erfahrungsbericht inklusive Reflexion über Vor- und Nachteile des Konzeptes vorstellen kann.
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