Sachstandsbericht Zuwanderung aus Südosteuropa

10.04.2014

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die CDU-Fraktion stellt zum o.g. TOP nachfolgenden Antrag und bittet um Beratung und Beschlussfassung:

Der Rat der Stadt Dortmund beschließt:

  1. Deutschland profitiert von vielen hochqualifizierten Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien, die dazu beitragen, den drohenden Fachkräftemangel einzudämmen. Viele der in Dortmund lebenden bzw. nach Dortmund zuziehenden Bulgaren und Rumänen sind allerdings schlecht oder gar nicht ausgebildet. Für die Kinder dieser Familien ist eine schnelle Integration wichtig, um ihnen Chancen in der Schule und dann später auf dem Arbeitsmarkt zu geben. Der Rat der Stadt unterstützt die Verwaltung dabei, neben den bereits bestehenden und im Ausbau befindlichen Auffangklassen, Konzepte zu entwickeln, wie gerade die Kinder aus den Zuwandererfamilien so früh wie möglich aufgefangen und einer guten schulischen Ausbildung zugeführt werden können. Hier kann auf bereits bestehende Konzepte, die zur Integration von muslimischen Kindern und Familien angewandt wurden, zurück gegriffen werden (z. B. Einrichtung von Kinderstuben, Mutter und Kind-Betreuung).
  2. Für die betroffenen Kommunen entstehen im Zusammenhang mit der Armutsmigration hohe und unabwendbare Kosten, so z.B. für die Notfallversorgung im Krankheitsfall, für die Durchführung erforderlicher Impfungen, für die Betreuung und Beschulung von Kindern, für Hilfen zur Erziehung, für die Betreuung der Zuwanderer durch Sozialarbei-ter und Beratungsstellen mit muttersprachlicher Kompetenz, für Anlaufstellen, die zu Perspektiven und Rückkehrmöglichkeiten ins Heimatland beraten sowie für die öffentliche Unterbringung. Darüber hinaus engagiert sich die Stadt Dortmund finanziell und personell, indem sie Leistungen erbringt wie z.B. niedrigschwellige Sprachkurse, aufsuchende Sozialarbeit, Prostituiertenberatung und anderes mehr.
  3. Der Rat der Stadt Dortmund stellt fest, dass alle staatlichen Ebenen aufgerufen sind, die in ihrem Verantwortungsbereich zur Verfügung stehenden Instrumente zur Bewältigung der Folgen von Armutsmigration konsequent anzuwenden. Darüber hinaus stellt der Rat der Stadt Dortmund fest, dass die großen finanziellen Herausforderungen von der Kommune nur mit der finanziellen Unterstützung von Land, Bund und EU getragen werden können.
  4. Der Rat der Stadt Dortmund setzt sich dafür ein, dass Dortmund – als eine der betrof-fenen Kommunen, die eine sehr große Zuwanderungsrate von Rumänen und Bulgaren verzeichnet – durch Land, Bund und EU entsprechend finanziell höher gefördert und unterstützt wird. Dadurch können vor Ort zielgerichtete Integrationsmaßnahmen durchgeführt werden, um die einzelnen Potentiale der Menschen zu erkennen und zu fördern. Der Rat der Stadt Dortmund stellt fest, dass der Zuzug von sogenannten Armutszuwanderern aus Bulgarien und Rumänien eine Herausforderung darstellt, die koordiniertes und entschlossenes Vorgehen aller staatlichen Ebenen erfordert. Da Deutschland angesichts der demographischen Entwicklungen auf Zuwanderung angewiesen ist, müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Integration ge-ingt und Teilhabe ermöglicht wird. Die Kommunen als zentrale Orte der Integration bedürfen dabei der Unterstützung. Dieser Aufgabe ist die rot-grüne Landesregierung bislang nicht hinreichend nachgekommen.
  5. Das Freizügigkeitsrecht besteht während der ersten drei Monate voraussetzungslos, d.h. die Ausländerbehörde darf in diesem Zeitraum keine Überprüfung vornehmen (vgl. § 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Danach kann die Ausländerbehörde zwar verlangen, dass die Voraussetzungen des Freizügigkeitsrechts (v.a. Erwerbstätigkeit; bei Nicht-Erwerbstätigen: Lebensunterhaltssicherung, Krankenversicherungsschutz) glaubhaft gemacht werden. Zumeist wird dabei jedoch schon vom Bestehen der Freizügigkeitsvoraussetzungen ausgegangen, wenn der Unionsbürger erklärt, dass eine der geforderten Ausübungsvoraussetzungen (§ 2 Abs. 2 FreizügG/EU) vorliegt. Wenn die Aus-länderbehörde feststellt, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht, ist der Ausländer gem. § 7 FreizügG/EU ausreisepflichtig. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass die Ausländerbehörden in Nordrhein-Westfalen nach den ersten drei Monaten regelmäßig entsprechende Überprüfungen vornehmen und sich das Vorliegen der o.g. Ausübungsvoraussetzungen jeweils durch geeignete Nachweise der Betroffenen bestätigen lassen.
  6. Grundlage für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung ist das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung („Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz“). Darin ist der Begriff der Schwarzarbeit definiert und sind der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Bundeszollverwaltung Prüfungsausgaben sowie Ermittlungsbefugnisse zugewiesen worden. Der Rat fordert die Verwaltung auf, sich auf Bundesebene für eine Intensivierung dieser Kontrolle einzusetzen.
  7. Das Jobcenter muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass es zwar arbeitslosen EU-Bürgern – nach geltender Gesetzeslage richtigerweise – konsequent Hartz IV verweigert, doch bei vielen „Aufstockern“ nicht genau hinsieht (vgl. FAZ vom 11.01.2014). Denn: Wer in Deutschland nur ein paar Stunden die Woche arbeitet oder ein Gewerbe betreibt, hat Anspruch auf Hartz IV, wenn das Geld nicht zum Leben reicht. Ob dieses Gewerbe jedoch tatsächlich ausgeübt wird oder ob sich windige Geschäftsleute auf Kosten des Sozialstaates billige Arbeitskräfte halten, wird von den Behörden in der Regel nicht intensiv geprüft. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Verwaltung auf, sicherzustellen, dass das Jobcenter konsequent prüft, ob die Voraussetzungen für die Zahlung ergänzender finanzieller Leistungen an sogenannte „Aufstocker“ tatsächlich vorliegen.
  8. Der Rat der Stadt Dortmund stellt fest, dass der Bezug von Kindergeld gemäß § 62 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Anspruchstellers im Inland voraussetzt und, dass das Melderecht bei Zweifeln am tatsächlichen Bezug einer Wohnung bereits heute die Möglichkeit vorsieht, einen ent-sprechenden Nachweis des Vermieters anzufordern (§11 Abs. 3 Melderechtsrahmengesetz). Nach dem neuen Meldegesetz, das der Deutsche Bundestag im Jahr 2013 beschlossen hat, wird eine solche Bestätigung des Vermieters ab dem 01.05.2015 wieder obligatorisch. Um zu verhindern, dass bis dahin von Armutszuwanderern aus anderen EU-Staaten zu Unrecht Kindergeldzahlungen in Anspruch genommen werden, erscheint es ratsam, bei Kindergeldanträgen schon jetzt regelmäßig einen ent-sprechenden Nachweis des Vermieters anzufordern. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Verwaltung auf darauf hinzuwirken, dass die Behörden in Dortmund von der Möglichkeit, entsprechende Vermieternachweise anzu-fordern, ab sofort Gebrauch machen.
  9. Beim Kindergeld handelt es sich vielfach um die einzige Leistung, die nichterwerbstätige EU-Bürger in Deutschland erhalten können. Es mehren sich Klagen darüber, dass Kindergeld unberechtigt in Anspruch genommen wird.
    Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Verwaltung daher auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen,

a) dass Kindergeld künftig nur noch gezahlt wird, wenn das betroffene Kind und seine Eltern jeweils über eine Steueridentifikationsnummer verfügen, weil auf diese Weise Mehrfachzahlungen ausgeschlossen werden können;

b) dass die Existenz des Kindes, für das Kindergeld beantragt wird, künftig durch die Vorlage eines amtlichen Dokuments, wie z.B. einer Geburts- oder Taufurkunde, nachgewiesen werden muss;

c) dass Kindergeld in Zukunft nur noch befristet bewilligt wird, damit die An-spruchsvoraussetzungen regelmäßig überprüft werden müssen;

d) dass im deutschen Recht die Möglichkeit geschaffen wird, gegenüber EU-Bürgern, die zu Unrecht Kindergeld oder sonstige Sozialleistungen bezogen haben, eine befristete Wiedereinreisesperre nach den Maßgaben der EU-Freizügigkeitsrichtlinie zu verhängen.

  1. Der Rat der Stadt Dortmund strebt die Schaffung einer rechtlichen Möglichkeit an, mit der die Überbelegung von Wohnraum im Zusammenhang mit Armutsmigration verhindert werden kann. Dabei ist sicherzustellen, dass für jeden Erwachsenen eine Wohnfläche von mindestens 9 m², für jedes Kind eine Wohnfläche von mindestens 6 m² zur Verfügung steht (vgl. insoweit nur Gesetzentwurf Wohnungsaufsichtsrecht, Drucksache 16/4379).
  2. Erhalten EU-Bürger vom Jobcenter bzw. dem Sozialamt Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII (insbesondere angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II, § 35 SGB XII) müssen diese Behörden – ebenso wie bei Inländern – die hilfebedürftigen Personen ggf. in die Lage versetzen, ihre Rechte gegenüber dem Vermieter wahrzunehmen. In beiden Fällen dürfen die Kosten nicht aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. Hier besteht ein Ansatz, um gegen die Ausbeutung der Armutsmigranten mittels überhöhter Mieten bzw. Mietwucher sowie gegen unzumutbare Wohnverhältnisse vorzugehen. Der Rat der Stadt Dortmund fordert die Verwaltung auf, dafür Sorge zu tragen, dass Armutszuwanderer ihre Rechte gegenüber dem Vermieter entsprechend wahrnehmen können.